Um zwei Minuten nach halb sieben am Freitagabend gellen die Sirenen in Merzen. Kaum fünf Minuten später treffen die Feuerwehren ein, erst Merzen, dann Neuenkirchen und schließlich Voltlage. „F_Gebäude“ lautet die interne Alarmierung, die auf den Displays der digitalen Meldempfängern aufploppt, in einer Scheune des Landhandels Haarjohann an der Südmerzener Straße soll es brennen, Menschen sind in Gefahr.
Eine „Lage“ nach dem Drehbuch
Doch was vorbeifahrende Einwohner nicht wissen: Echt ist in nur der Rauch, der aus dem Dach der Scheune dringt. Alles andere ist konstruiert, weil die drei Wehren ihre gemeinsame Jahresübung abhalten. Deshalb können die Inhaber, Theo und Marlies Haarjohann, auch ganz entspannt auf das Szenario vor ihren Augen mit blitzendem Blaulicht und zackigen Kommentaren schauen. Wie schnell der Ernstfall tatsächlich eintreten kann, haben sie vor mehr als einem Jahr selbst erlebt: Damals war auf einer Palette gelagertes Heu und Stroh für den Heimtierbedarf in Brand geraten und hatte einen echten Feuerwehreinsatz ausgelöst – zum Glück hielt sich der Schaden in Grenzen.
Feuer in der Scheune, Schwerverletzter unter Anhänger
Dass der Ernstfall an diesem Abend nur gespielt wird, wissen die rund 60 Einsatzkräfte, aber nicht, welche Lage sich Heiner Hesselbrock, Thomas Menke, Udo Rolfes und Jens Wehlage ausgedacht haben, verrät Merzens Ortsbrandmeister Martin Kornhage. Und die sieht so aus: In einer Scheune ist ein Feuer ausgebrochen, drei Menschen werden vermisst. Besonders problematisch: Hier werden Gasflaschen gelagert. Und hinter dem Getränkemarkt liegt ein Schwerverletzter unter einem Anhänger, voll beladen mit Holzstämmen. Es kommt auf jede Minute an.
Nach 45 Minuten ist alles vorbei
Und was die Vertreter der Samtgemeinde Neuenkirchen und die drei Beobachter – Tim Schulte, Klaus Rumker und Philipp Gude von der Feuerwehr Ankum sind als Experten vor Ort – sehen, wäre auch im Ernstfall in etwa so abgelaufen. Jede Wehr übernimmt eine Aufgabe: Vermisstensuche unter Atemschutz, Wasserversorgung aufbauen und Feuer löschen, Betreuung der Verletzten. Die Rettung der eingeklemmten Person unter dem Holzlader – es ist eine ausgestopfte Puppe in Lebensgröße – ist besonders knifflig. Mit Hebekisssen und Rüstholz muss der Anhänger vorsichtig angehoben werden. Die Baumstämme drücken mächtig auf die Pendelachse, die Last ist ziemlich wackelig und muss deshalb stabilisiert werden. Nach einer dreiviertel Stunde ist die Übung abgearbeitet, wie es im Feuerwehrjargon heißt. Alles Material – vom Schlauch über die Scheinwerfer – wird zusammengepackt.
Gut ausgestattete Wehren wichtig
Hinterher im Merzener Feuerwehrhaus zur Manöverkritik gibt es Lob und Tadel, und bei der Gelegenheit erfahren die Ankumer Kollegen, weshalb die Feuerwehren in der Samtgemeinde Neuenkirchen je nach Lage rückwärts an die Einsatzstelle heranfahren. „Um sich im Ernstfall, zum Beispiel bei einem sich abzeichnenden Einsturz von Gebäudeteilen, schnell in Sicherheit zu bringen“, erläutert Neuenkirchens Gemeindebrandmeister Herbert Kempe. Ansonsten sind die Beobachter aus Ankum sehr zufrieden, loben ausdrücklich die Disziplin ihre Kollegen. Neuenkirchens Samtgemeindebürgermeisterin Hildegard Schwertmann-Nicolay und Merzens Bürgermeister Gregor Schröder ziehen ebenfalls ein Fazit: Gut ausgestattete Wehren sind ein Muss.
Quelle: Text Bilder NOZ